Übersicht: Mathematische Optimierung

Definition

Mathe­ma­ti­sche Opti­mie­rung ist die Wis­sen­schaft der best­mög­li­chen Ent­schei­dung. Sie ist Teil der Schnitt­men­ge von Mathe­ma­tik, Soft­ware, und indus­tri­el­ler Anwen­dung und hat in den letz­ten Jahr­zehn­ten auf­grund ihrer prak­ti­schen Rele­vanz und ste­ti­gen rechen­tech­ni­schen Fort­schrit­tes einen enor­men Zulauf erfah­ren. Sie ist mitt­ler­wei­le eines der aktu­ells­ten und pra­xis­re­le­van­tes­ten Fel­der der moder­nen ange­wand­ten Mathe­ma­tik und aus vie­len Berei­chen der Indus­trie nicht mehr wegzudenken.

Die mathe­ma­ti­sche Opti­mie­rung beschäf­tigt sich mit Opti­mie­rungs­pro­ble­men, d.h. Auf­ga­ben der Form
\begin{align} \min_{x} ~~&f(x) \\ \text{s.t.} ~~& x \in D \end{align}
Dies ist zu lesen als die Suche nach einer Wahl für den Vek­tor \(x\), sodass die Funk­ti­on \(f(x)\) den kleins­ten Wert annimmt und \(x\) bestimm­te Eigen­schaf­ten \(D\) erfüllt.

Erklärung

Die Funk­ti­on \(f(x)\) heisst Ziel­funk­ti­on und gibt die­je­ni­ge Grös­se an, deren Wert ver­rin­gert wer­den soll. Dies könn­ten Kos­ten, Zeit­dau­ern, oder Risi­ken sein. Der Vek­tor \(x\) beinhal­tet die Ent­schei­dungs­va­ria­blen — Stell­grös­sen, über deren Wert ent­schie­den wer­den kann, um die Ziel­funk­ti­on zu beein­flus­sen. Die Neben­be­din­gung \(x \in D\) defi­niert Beschrän­kun­gen, denen die Ent­schei­dungs­va­ria­ble unter­liegt. Wäre \(x\) z.B. eine Mate­ri­al­men­ge, dann könn­te die For­de­rung \(x\ge0\)  sinn­voll sein.
Abbil­dung: Ziel­funk­ti­on \(f(x)\) mit opti­ma­lem Punkt \(x^*\) sodass \(f(x^*)\le f(x)\) für alle \(x\in D\).

Relevanz

Wer­den die drei Kom­po­nen­ten Ziel­funk­ti­on, Ent­schei­dungs­va­ria­blen, und Neben­be­din­gun­gen sorg­fäl­tig aus­ge­wählt und reprä­sen­tie­ren in Kom­bi­na­ti­on ein Echt­welt­pro­blem, dann ergibt die Lösung des Opti­mie­rungs­pro­b­le­mes die best­mög­li­chen Hand­lungs­an­wei­sun­gen.  Des­halb ist Opti­mie­rung ein sehr mäch­ti­ges Werk­zeug, sobald Ent­schei­dun­gen zu tref­fen sind, die über weit­rei­chen­de und unüber­sicht­li­che Kon­se­quen­zen ver­fü­gen. Dabei mag die kon­kre­te Anwen­dung dar­in bestehen, Pro­dukt­pa­ra­me­ter zu wäh­len, Ablauf­plä­ne zu desi­gnen, unbe­kann­te Grös­sen zu schät­zen oder Steue­rungs­si­gna­le festzulegen.
Gera­de bei kom­ple­xen Echt­welt­pro­ble­men führt dies oft auf mathe­ma­ti­sche Model­le mit Tau­sen­den von Ent­schei­dungs­va­ria­blen und Neben­be­din­gun­gen. Das Lösen sol­cher Model­le ist erst durch das explo­si­ons­ar­ti­ge Anwach­sen der Rechen­leis­tung moder­ner Com­pu­ter und die Ent­wick­lung dedi­zier­ter Opti­mie­rungs­soft­ware mög­lich gewor­den. Mitt­ler­wei­le wur­de eine ein­heit­li­che Theo­rie zur Unter­su­chung von Opti­mie­rungs­pro­ble­men ent­wi­ckelt. Die­se hat zu einem Satz von metho­den geführt, die bereits oft gewinn­brin­gend in der Pra­xis ange­wen­det wurden.

Theorie

Opti­mie­rungs­pro­ble­me tre­ten in allen For­men und Far­ben auf und kön­nen alle Kom­ple­xi­täts­kri­te­ri­en von ein­fach bis unmög­lich abde­cken. Ziel­funk­tio­nen von Opti­mie­rungs­pro­ble­men kön­nen hin­sicht­lich ihrer mathe­ma­ti­schen Eigen­schaf­ten unter­sucht und klas­si­fi­ziert wer­den. Sind sie z.B. kon­vex, dann kön­nen Garan­tien aus­ge­spro­chen wer­den über die ein­deu­ti­ge Lös­bar­keit des Problemes.

Oft ist es auch mög­lich, unte­re Schran­ken für die Mini­ma zu fin­den und so die Opti­ma­li­tät einer vor­ge­schla­ge­nen Lösung zu bewei­sen. Dies Zusam­men­hän­ge wer­den von nume­ri­schen Metho­den ver­wen­det, die ite­ra­tiv Glei­chungs­sys­te­me auf­stel­len und lösen, bis kei­ne Ver­bes­se­run­gen mehr mög­lich sind.

Methoden

Je nach Eigen­schaf­ten des Opti­mie­rungs­pro­b­le­mes exis­tie­ren even­tu­ell mass­ge­schnei­der­te Metho­den zu des­sen Lösung. Dabei unter­schei­det man vor allem hin­sicht­lich des Gra­des der im Opti­mie­rungs­pro­blem vor­kom­men­den Nicht­li­nea­ri­tä­ten sowie der Rol­le des Zufal­les. Opti­mie­rungs­pro­ble­me mit linea­rer Ziel­funk­ti­on und linea­ren Neben­be­din­gun­gen sind bekannt als Linea­re Programme.

Sie kön­nen zuver­läs­sig gelöst wer­den, selbst wenn die Anzahl der Ent­schei­dungs­va­ria­blen in die Hun­dert­tau­sen­de geht. Nicht­li­nea­re Kom­po­nen­ten eines Pro­b­le­mes müs­sen bestimm­te For­men anneh­men, um die Lös­bar­keit nicht zu gefähr­den. Ähn­li­ches gilt, sobald zufäl­li­ge Effek­te berück­sich­tigt wer­den sol­len. Ent­we­der wer­den die wahr­schein­lich­keits­theo­re­ti­schen Anfor­de­run­gen in (nicht­li­nea­re) Bedin­gun­gen umge­wan­delt oder es muss auf sto­chas­ti­sche Simu­la­tio­nen zurück­ge­grif­fen wer­den. Die Ent­wick­lung von hoch­spe­zia­li­sier­ten und leis­tungs­fä­hi­gen Algo­rith­men ist in jedem Fall schwie­rig. Glück­li­cher­wei­se gibt es mitt­ler­wei­le frei ver­füg­ba­re und quell­of­fe­ne Software.

Anwendungen

Die prak­ti­schen Anwen­dun­gen sind viel­fäl­tig und schwer über­blick­bar. das tref­fen opti­ma­ler Ent­schei­dun­gen als abs­trak­te Ziel­vor­stel­lung ist so gene­rell, dass so gut wie jedes Echt­welt­pro­blem in Form von Opti­mie­rungs­pro­ble­men for­mu­liert wer­den kann. Das heisst natür­lich noch lan­ge nicht, dass die auch lös­bar sind. 
Die gröss­ten Erfol­ge hat die Opti­mie­rung erzielt z.B. bei der Suche nach opti­ma­len Ablauf­plä­nen, Ver­kehrs­rou­ten, Res­sour­cen­ver­tei­lun­gen, Akti­en­port­fo­li­os, Modell­pa­ra­me­ter­sät­zen, Wahr­schein­lich­keits­ver­tei­lun­gen, Schät­zern, Sys­tem­steue­run­gen und maxi­mal sta­bi­len Spiel­stra­te­gien. Wir tei­len die­se hete­ro­ge­ne Men­ge von Anwen­dun­gen auf in die Dis­zi­pli­nen opti­mal design, opti­mal esti­ma­ti­on, und opti­mal con­trol.

Einordnung

Die Über­gän­ge und Schnitt­men­gen zum Machi­ne Lear­ning sind viel­fäl­tig. Da typi­scher­wei­se jedes Machi­ne Lear­ning Pro­blem als Opti­mie­rung von Erfolgs­wahr­schein­lich­kei­ten geschrie­ben wer­den kann, ist die Opti­mie­rung ein unver­äus­ser­li­cher Teil­aspekt des daten­ge­trie­be­nen Ler­nens. mathe­ma­ti­sche Opti­mie­rung ist viel­sei­tig, pra­xis­ori­en­tiert, und leis­tungs­fä­hig. Es ist kei­ne Über­trei­bung, sie als eine der viel­ver­spre­chends­ten Dis­zi­pli­nen der moder­nen ange­wand­ten Mathe­ma­tik zu bezeichnen.